Dienstag, 18. September 2012

EVANGELISCH IST MEHR 5. Bundeskongress: Evangelische Schule in Berlin

„Mit jedem Kind, das dir begegnet, ertappst du Gott auf frischer Tat.“ Dass an diesem Martin Luther zugeschriebenen Leitgedanken des 5. Bundeskongresses Evangelische Schule eine Menge dran ist, war zur Eröffnung des zweitägigen Kongresses sichtbar, hörbar und greifbar: Mit einem Feuerwerk aus Rhythmen, Klängen und Begeisterung ließ die Percussion-Gruppe der Evangelischen Hoffbauer-Grundschule in Kleinmachnow die Lebendigkeit des Evangelischen Schulwesens aufblitzen. Dieser authentische und mitreißende Auftakt markierte ein besonderes Moment der Zusammenkunft, zu der sich mehr als 300 Pädagoginnen und Pädagogen, Eltern sowie Trägerverantwortliche aus dem evangelischen Schulwesen in Berlin versammelt hatten. Spürbar wurde das titelgebende „MEHR“ in besonderer Weise immer dann, wenn die ins Spiel kamen, um die es am Ende geht: die Schülerinnen und Schüler.

Mit einem Ausrufezeichen versah Prof. Dr. Christian Gretlein von der Universität Münster seinen Eingangsbeitrag. „Evangelische Schule ist mehr!“, denn Bildung erschöpft sich in evangelisch-theologischer Sicht nicht im Erreichen von Lehrzielen und Bildungsabschlüssen. Gemeint ist immer der ganze Mensch als Geschöpf Gottes. – Dass hinter das „Evangelische Schule ist mehr?“ unbeschadet dieses Anspruchs immer wieder auch ein selbstkritisches Fragezeichen gesetzt gehört, rückte Prof. Dr. Sabine Reh von der Technischen Universität Berlin in den Mittelpunkt ihrer Anmerkungen aus erziehungswissenschaftlicher Sicht. Evangelische Schule muss wie alle Schulen mit den Anforderungen umgehen, vor die eine zeitgemäße Bildung im 21. Jahrhundert gestellt ist. Evangelische Schule ist darin nicht per se „besser“ oder „schlechter“. Sie lebt von einem offensichtlich erfahrbaren „Mehr“ für diejenigen, die in ihnen lernen und arbeiten, dessen sie sich aber immer wieder vergewissern muss.

Worin kommt das mögliche „Mehr“ Evangelischer Schulen und einer Bildung in evangelischer Perspektive zum Ausdruck? Viel war von der besonderen Atmosphäre die Rede, davon, dass das Miteinander an Evangelischen Schulen einen besonderen Stellenwert hat und der Einzelne als Persönlichkeit gesehen und wahrgenommen wird. – So vielfältig und variantenreich die Diskussion um das „Mehr“ im Anschluss an die beiden Eingangsreferate war: Am Ende blieb das Gefühl, dass die an diesem Nachmittag wenig vorkommende Perspektive derjenigen, um die es im Kern geht, die der Schülerinnen und Schüler, fehlte.

Wesentlich direkter und lebendiger kam diese Perspektive bei den Hospitationen und Schulbesuchen am zweiten Kongresstag ins Spiel. Insgesamt 17 Evangelische Bildungseinrichtungen (darunter 6 in Trägerschaft der Hoffbauer gGmbH) hatten ihre Türen für die Gäste aus dem gesamten Bundesgebiet geöffnet. „Mittendrin – Schule in Kiez und Gemeinde“, „Alle anders – Verschiedenheit leben lernen“ oder „Das kann ich – individuelles Lernen als besonderes Angebot zum Methodenlernen“ waren nur einige der vielfältigen Einblicke in die konkreten Arbeitsschwerpunkte und Entwicklungen vor Ort.

Dass Kinder und Jugendliche einen ganz eigenen Blick auf Schule als Lebens- und Lernort haben, wurde am Nachmittag deutlich, als die Schulreporter die Bühne eroberten. Zwei Schülerinnen der Evangelischen Schule Berlin Zentrum berichteten von ihren Filmarbeiten an der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen, und der Filmbericht von Schülerinnen und Schülern des Firstwaldgymnasiums in Mössingen über die Evangelische Hoffbauer-Grundschule in Kleinmachnow begeisterte die Kongressteilnehmer durch den frischen und unverstellten Blick auf Evangelische Schule in ihren vielfältigen Facetten.

Schließlich konnte – gerade vor dem Hintergrund der Kürzungen in der Finanzierung von Schulen in freier Trägerschaft in Brandenburg – die Frage nach der Perspektive nicht unbehandelt bleiben. „Erhalten oder Wachsen?“ war die Leitfrage der abschließenden Podiumsdiskussion, an der neben der Leiterin der Bildungsabteilung der EKD, Birgit Sendler-Koschel, und Prof. Dr. Henning Schluß von der Universität Wien auch der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt, Stephan Dorgerloh, teilnahm. Besondere Brisanz gewinnt die Frage nach „Erhalten oder Wachsen“ angesichts der demografischen Entwicklung. Einigkeit herrschte bei aller Unterschiedlichkeit im Detail darin, dass Evangelische Schule sich als Teil des öffentlichen Bildungs- und Gemeinwesens versteht. Sie ist nicht „Privatsache“, sondern nimmt einen gesellschaftlichen Bildungsauftrag und damit auch Verantwortung für die Entwicklung dieser Gesellschaft wahr. Eine gemeinsame Gestaltung dieses gesellschaftlichen Bildungsangebots unabhängig von Trägerschaft und bei Wahrung der jeweiligen besonderen Qualitäten und Akzente erfordert ein aufeinander Zugehen und einen gleichberechtigten Austausch auf Augenhöhe auf allen Ebenen.

„Evangelische Schule ist mehr“ – der Kongress zeigte, dass am Ende weder Frage- noch Ausrufezeichen hinter das Motto gehören. Ein Punkt genügt: Evangelisch ist mehr. Punkt. In jedem Fall mehr, als ein Kongress fassen kann.

LINK:
> Impressionen vom Besuch an der EG Potsdam
> Impressionen vom Tagungsort und dem Besuch an der EG Babelsberg

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